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Iran 2; Isfahan

Wir fallen früh morgens aus dem Bus und können kaum glauben, dass wir da sind. Isfahan, die Partnerstadt Freiburgs, war unser Ziel und nun sind wir ausgerechnet hier her mit dem Bus gefahren. Eine private Unterkunft haben wir nicht organisiert bekommen, und so machen wir uns auf die Suche nach dem Hostel der Stadt. Wir bekommen ein günstiges Zimmer und dazu kommen wir mal wieder in den Genuss, mit anderen Reisenden zu schwätzen.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf, die Sehenswürdigkeiten der Großstadt zu erkunden. Isfahan gehört zu den wenigen touristischen Orten in Iran und dennoch werden wir wie überall freundlich gegrüßt und uns wird mit der selben Selbstverständlichkeit wie zuvor weiter geholfen. So finden wir schnell zum Midan Imam, dem zweitgrößten Platz der Welt, welcher inmitten der Stadt eine Oase zwischen Moscheen und Palästen darstellt. Und uns fällt ein großer Unterschied zu den Städten, die wir in letzter Zeit gesehen haben, auf, man mag sich hier gerne aufhalten. Es gibt Bänke, Grün, Platz und Ruhe. Gruppen von Menschen picknicken entspannt auf dem Rasen und wir lassen uns zu einer kleinen Teppichberatung schleppen, um in den Genuss eines Tees zu kommen. Einen echten Perserteppich nehmen wir dann aber doch nicht in unser Gepäck auf.
Wir schlendern nach einem Besuch in einer der bombastischen Moscheen weiter zum Flussufer. Seit drei Jahren führt der Strom in der dürregeplagten Gegend endlich wieder Wasser und zwischen den historischen Brücken verweilen die Menschen im Park am Ufer. Das Flair erinnert uns an Freiburg und wir verstehen, was diese beiden Orte zu Partnerstädten macht.
Am nächsten Tag machen wir einen ausgedehnteren Streifzug und besichtigen die touristischen Hotspots. Leider ist Freitag und der Basar daher verlassen. Als wir am Nachmittag wieder auf dem Midan Imam ankommen, kann es sich Julian nicht verkneifen und fragt bei der Polizei vor Ort, ob jonglieren hier erlaubt sei. Nach einiger Überlegung fällt dem Beamten dann doch kein Grund ein, der dagegen spräche und so kommen diverse Menschen in den Genuss, zum ersten mal ein Diabolo-Spiel zu sehen. Julian muss danach noch einen Workshop für eine Gruppe jugendlicher afganischer Flüchtlinge geben, die sich ihre Zeit auf den Platz vertreiben und Linda verquatscht sich mit der lokalen Bevölkerung. Nicht nur das Wetter ist hier angenehm, die Stadt ist einfach lebenswert.
Wir wären gerne länger geblieben, wenn wir nicht noch ein bisschen Radfahren wollten.

 

Iran 1; warmes Willkommen bei winterlichen Temperaturen

Iran war das Ziel unserer Reise, wir haben viel von diesem Land gehört und gelesen. Liest man Reiseberichte, findet man durchweg Lob, von großartiger Gastfreundschaft über wunderschöne Landschaften bis zu fantastischen kulturellen Schätzen. Hört man die Nachrichten in Deutschland, so dominieren zwei Begriffe; Atomprogramm und Sanktionen. Schon die Gesetzeslage ist für uns gewöhnungsbedürftig; mit Kleidungsvorschriften für Linda und Alkoholverbot für Julian um nur das Alltäglichste zu nennen.
Zumindest reisen wir nicht alleine ein, drei Kilometer vor der Grenze treffen wir unsere drei Freund_innen Jule, Marcel und Christian und Martin aus Tschechien wieder und machen uns gemeinsam auf ins Unbekannte. Wir wollen zusammen nach Tabris radeln. Die Grenzkontrollen sind etwas aufwendiger als die letzten, aber lange nicht penibel und nach etwa einer halben Stunde sind wir, um ein paar Stempel im Pass reicher, in dem Land, über das wir so viel Positives und Negatives gehört haben. Nachdem wir die Geldwechsler abgeschüttelt haben, steht uns am Grenzort die erste Lektion, iranischer Verkehr, bevor. Alles um uns herum hupt, fährt in irgendeine Richtung und missachtet praktisch jede gewohnte Verkehrsregel inkl. Ampeln und Polizisten. Wenn man sich nur mutig in den Strom von Autos wirft, hat man allerdings meist Platz und umfahren will uns auch niemand. Viele Autofahrer hupen auch, um uns zu grüßen, winken und wo immer wir halten werden wir schnell in ein Gespräch verwickelt. Einige Male bekommen wir von Vorbeifahrenden Kleinigkeiten zu Essen geschenkt.
Am ersten Abend bitten wir an einem Gemüseanbaubetrieb um einen Platz für unsere Zelte. Kurze Zeit später sitzen wir in mitten einer Großfamilie der türkischen Minderheit in Iran in der Stube, trinken Tee und es wird viel Gelacht, praktisch niemand trägt Kopftuch und der Abend endet mit viel Musik und Tanz. Wir schlafen in einem kleinen Raum neben einem warmen Ofen und sind glücklich, angekommen zu sein.
Die Straßen sind die kommenden Tage wie erwartet groß und laut, aber auf dem Seitenstreifen kommen wir sicher und schnell voran. In Marand nimmt uns eine Legende dieser Radroute in seine Obhut. Akbar hat praktisch für jeden Radreisenden, der die vergangenen drei Jahre diesen Ort durchquert hat, eine Unterkunft besorgt und bewirtet. Sein Gästebuch füllen wir bis zum Eintrag 498 und unsere Bilder landen wohl im Fotoalbum für Radreisende aus Deutschland. Das ein oder andere Gesicht, welches uns aus bekannt vorkommt, finden wir auch unter den hunderten Bildern von Radreisenden aus aller Welt. Hier kommt uns unsere Reise mal wieder ganz klein und vergleichsweise langweilig vor.
Am nächsten Tag geht es auf nach Tabriz. Irgendwo im Schneeregen beim Aufstieg verabschieden sich bei Christian einige Speichen und binnen weniger Minuten trampt er samt Fahrrad davon, auch die Reparatur in einem legendären Radladen in Tabriz ist völlig unproblematisch. Wie wir gehört hatten ist Tabriz hinter Istanbul die Stadt, in der die größte Anzahl türkischstämmiger Bevölkerung lebt. HIer haben wir im dichten Gewimmel der Großstadt unsere zweite Lektion im iranischen Verkehr. Die Verhaltensregeln verdichten sich auf gucken, was vor einem passiert und einfach fahren, was in mehrspurigen Kreiseln spannend sein kann.
Die Stadt hat wenige Sehenswürdigkeiten zu bieten und wir bleiben eigentlich nur deshalb zwei Nächte, um halbwegs alle Einladungen abarbeiten zu können, die wir bekommen. Eine der schönsten führt uns in eine Konditorei. Das hiesige Gebäck ist hervorragend und unglaublich vielfältig. Julian kann es kaum erwarten Heim zu kommen und das ein oder andere im eigenen Backofen zu probieren. Wir übernachten bei einer großen Familie türkischer Herkunft. Abends treffen wir sämtliche weitere Familienangehörige und Freunde unseres Gastgebers. Wir sind überwältigt von diesem Großfamilienleben und der Gastfreundschaft (vegetarisches Essen für Linda, in Iran sonst sehr problematisch…). Bedauerlicherweise begrenzt die Sprachbarriere den Austausch.
Leider sind die Temperaturen eisig und unsere Zeit wird immer knapper. Der äußerst hilfsbereite Mensch der Tourist-Info in Tabriz hat uns Fahrkarten für den Zug Teheran-Ankara organisiert und damit steht unser Abreisedatum fest – wir haben nur noch zwei Wochen! Wenn wir weiter bis Teheran radeln, können wir nichts mehr anschauen und der Winter und die Autobahnen motivieren uns auch nicht besonders. So buchen wir schweren Herzens den Nachtbus nach Isfahan und verabschieden uns von unseren Mitreisenden, die wegen ihrer Visa für Indien nach Teheran aufbrechenden. Unser Weg soll uns nach Isfahan noch nach Shiraz und Teheran führen.

Türkei 5; ganz oben

Nachdem wir in Trabzon festsaßen, hatten wir es ganz eilig in die Berge zu kommen. Kaum, dass wir die Visa in den Händen hielten, stiegen wir in den Nachtbus nach Kars. Die Stadt liegt ab der armenischen Grenze auf ca. 1800m in einer Hochheben. Als wir morgens im Bus aufwachen, sind wir in einer anderen Welt. Die üppige Küstenlandschaft ist verschwunden und kargen Bergwiesen gewichen. Abgeholzt wurde hier scheinbar gründlich. Bis wir den nächsten Baum sehen werden, vergehen zwei Tage. Obwohl wir so hoch sind, ist die Landschaft sanft hügelig und nahezu nirgends schroff. Schneebedeckte Gipfel Rahmen das Bild von Schafherden, die an einem Bach weiden. Leider kann man vom Bus aus schlecht Fotos machen.
Der plötzliche Umbruch hat für uns einen bitteren Beigeschmack. Die gesamte Strecke von unseren Haustüren bis in die Nordtürkei ist für uns ein geschlossenes Bild. Nun gibt es einen Abschnitt, von dem wir keine Vorstellung haben, wie in einem Buch, in dem man ein Kapitel ausgelassen hat.
In Kars stellten wir erstmal bei unserem Host Osman das Gepäck unter und machen uns übernächtigt auf den Weg nach Ani. Da wir uns auch an die Höhe noch etwas gewöhnen müssen, trampen wir samt Fahrrädern, was hier kein Problem ist. Die Ruinen von Ani waren einmal die armenische Hauptstadt und ein blühendes Handelszentrum an der Seitenstraße. Heute ragen gewaltige Bauwerke aus einem Trümmerfeld. Das Areal ist riesig und absolut sehenswert. Touristen verirren sich nur wenige hierher und so ist die einzige Infrastruktur ein Kassenhäuschen und einige verrostete Infotafeln. Man kann sich abgesehen vom Grenzzaun nach Armenien einfach frei bewegen. Es ist ein wirklich beeindruckender Ort.
Nach einem neuen Abend in Kars geht es am nächsten Morgen per Rad weiter. Nach einigen Kilometern erreichen wir dann auch den Hochpunkt unserer Reise. Auf über 2200m überqueren wir den Pass. Dank des milden Winters liegt kein Schnee. Wir sind auf dem Weg Richtung Iğdır und es geht reichlich abwärts. Die Nacht verbringen wir bei Temperaturen um den Gefrierpunkt im Zelt, aber unsere Schlafsäcke halten uns warm. Ausnahmsweise sind wir schneller als erwartet und am folgenden Nachmittag stehen wir auf der Straße und diskutieren, hinter welcher Wolke sich der Berg Ararat versteckt. Wir müssen nicht lange rätseln, wenige Minuten später taucht über 4000m über uns sein Gipfel in der Abendsonne auf. Einen schöneren Abschiedsgruß hätte uns die Türkei kaum machen können. Noch am selben Abend fahren wir bis zum letzten Ort vor die Grenze nach Iran. Etwa einen Monat waren wir nun hier und haben Land und Leute wirklich lieben gelernt. Nun aber freuen wir uns auf den für uns letzten Grenzübergang Richtung Osten und das Land, welches dahinter liegt – Iran.