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Serbien; quer durchs Land

Per Rad die Aussengrenze der EU zu passieren erwies sich als völlig unproblematisch. Keine Wartezeit, ein Blick in die Pässe, ein Stempel für jeden, fertig. Wir hatten uns für den Tag Novi Sad als Ziel gesetzt und kamen schon nach einigen Kilometern auf eine viel befahrene Bundesstraße. Staub, Lärm und dicht überholende LKW sorgten dafür, dass wir reichlich erschöpft nach 125km auf dem Tacho, Gegenwind und einigen Hügeln im Dunkeln in der Stadt ankamen. Da wir die Straßennamen in kyrillischen Schriftzeichen nicht lesen konnten, fragten wir uns zu unserem endgültigen Ziel durch. Die Menschen auf den Strassen waren extrem freundlich und hilfsbereit. Jeder, den wir fragen, kannte den Laden unserer Gastgeberin Anna und wir erreichten ihn bald und völlig erschöpft. Auf Anna waren wir über Warmshowers (couchsurfing für Radreisende) gestoßen, ein wahrer Glücksfall. Anna ist in unserem Alter und ursprünglich aus England, betreibt ein eigenes Café mit Fahrradselbsthilfewerkstatt und ausgedehntem Kulturprogramm, eine Kombination, bei der wir uns auf Anhieb zuhause fühlten. Wir verbrachten zwei erholsame Nächte in Novi Sad und genossen das entspannte, ruhige Flair dieser netten Studierendenstadt. Ganz anders traf uns einen Radreisetag später die Metropole Belgrad. Die Beschreibungen, die wir in Novi Sad über die Hauptstadt erhalten hatten, können wir nur bestätigen. Belgrad ist schnell, voll, laut und absolut nicht zum Radfahren geeignet. Dennoch zog uns die Stadt sofort in ihren Bann. Durch Bombardierung stark zerstört ist das Stadtbild geprägt von 70er-Jahre Bauten in osteuropäischem Stil, zerfallenen und frisch sanierten Fassaden, Leerstand und Luxus-Neubauten. Die Kontraste sind extrem. Auf der Haupteinkaufsstrasse finden sich die üblichen Ketten und schicken Cafés, während man einige Meter weiter in einer Seitenstrasse auf völlig zerstörte Gebäude trifft, die seit Jahren vor sich hin bröckeln und in denen sich mit der Zeit Müllberge angesammelt haben. In Belgrad haben wir uns in einem gemütlichen Hostel einquartiert und uns auch nach den schönen Tagen in Novi Sad noch einmal Zeit zum pausieren gegönnt. Vier Wochen waren wir mittlerweile unterwegs, täglich bis Sonnenuntergang im Sattel oder dabei, eine neue Stadt zu erkunden. Kurz, wir stellten fest, dass eine längere Pause dringend nötig war. Ein bisschen Kontakt zu anderen Reisenden im Hostel war auch mal wieder ganz nett. Aus Belgrad heraus fuhren wir über eine vielbefahrene Brücke und hat dann die Wahl zwischen Schnellstraße und einem Feldweg auf dem Deich. Wir hatten es gerade nicht eilig und so wählten wir die schönere und sehr viel langsamere Route. Entlang der Donau leuchtete das Ufer in den prächtigsten Farben in der prallen Sonne, auf der anderen Seite reihten sich lose Bauernhöfe und Felder aneinander. Der Wind blies uns zwar kräftig entgegen, hielt damit aber zumindest die Mücken fern. Bei Stara Palanka nahmen wir die Fähre über die Donau, im Sonnenuntergang und bei deutlich Seegang war die Aussicht bombastisch und die Fahrt ein Erlebnis. Die Donau trennt hier die letzten Ausläufer der Karparten vom Balkangebirge. Damit wurde die Landschaft sowohl von der Optik als auch vom sportlichen Aspekt wieder spannender. Nachdem wie die ersten kleineren Höhen überwunden hatten, erreichten wir einen der für uns bislang schönsten Teile der Donau, den Nationalpark eisernes Tor. Die Donau bricht hier stark verengt durch eine Schlucht. Zum Glück war kaum Verkehr auf der tunnelreichen Straße und wie konnten die Landschaft genießen. Schon auf den vorangegangenen Straßen waren einige Parkplätze mit Schutt aus Erdrutschen gefüllt. Als die Landschaft wieder flacher wurde erreichten wir einige Orte, die erst vor wenigen Wochen von Schlammlawienen heimgesucht wurden. Die frisch geräumten Straßen wurden noch von Baggern und LKW in Tarnfarbe gesäumt. Als wir einige Kilometer später unserem Radweg etwas unüberlegt auf einen Feldweg folgten standen wir kurze Zeit später selbst im Matsch und bewerten uns mehr schiebend als fahrend. Im nächsten Ort suchten wir den Weg zurück zur Hauptstraße und gerieten in serbische Gastfreundschaft. Ein Rentnerehepaar, welches gerade samt Enkelkindern auf Heimaturlaub aus Bonn vor Ort war, bat uns hinein. Linda schaffte es, bei Kaffee und Keksen zu bleiben. Julian hingehen musste sich nach einem Kaffee, einem Bier und zwei Trester sehr vehement gegen weitere Getränke wehren und so brachen wir wieder auf Richtung rumänischer Grenze.

Kroatien; hallo und tschüss

An einem frühen Morgen überquerten wir die kroatisch-ungarische Grenze, um für zwei Tage auf der kroatischen Seite der Donau entlang zu radeln. Seit Ungarn verläuft der Radweg hauptsächlich auf Straßen, führt durch Ortschaften oder entlang größerer Bundesstraßen ohne Radwege. Insgesamt hat die Fahrradfreundlichkeit der Strecke deutlich nachgelassen und das Radfahren wird anstrengender.  Auch wenn wir weiterhin dem ausgeschilderten Donauradweg bzw. der Eurovelo Route 6 folgen, gehören die Straßen hier ganz eindeutig dem motorisierten Verkehr. Die Menschen grüßen uns und sprechen uns haufig freundlich an, vorbeifahrende Autos hupen als Gruß oder damit wir die Fahrbahn freigeben.

Ein bemerkenswertes, sich über einen halbe Tagesetappe ziehendes Stück Weg führte durch ein geschütztes ausgedehntes Feuchtgebiet. Wir stießen auf diverse Vogelarten und scheuchten eine Horde Wildschweine auf, die sofort in die Sümpfe flüchtete. Aufgrund des schwülwarmen Wetters und der auch am hellen Tag beeindruckend hohen Moskitodichte entlang der nahezu stehenden Gewässer hat sich diese Etappe bei Linda tief ins Gedaechtnis geprägt.

Wir beide waren schon in Kroatien und haben die Schönheit des Landes kennen gelernt. Der Abschnitt entlang der Donau, den wir nun durchquert haben, war dagegen leider etwas langweilig.

Ungarn; Stadt, Land, Fluss

Ungarn begrüßte uns mit einer fantastischen Aussicht. Von der Slowakei aus schauen wir auf Ungarns größte Kirche; die Basilika in Esztergom. Nachdem wir die Brücke überquert hatten verbrachten wir die Nacht bei einem sehr gastfreundlichen Angelverein, was Julian seinen ersten einheimischen Schnaps einbrachte. Weiter ging es über das nette kleine Städtchen Vác Richtung Hauptstadt.
Budapest ist einfach eine Wucht, mit bombastischen monumentalen Bauwerken übersäht zieht die ungarische Hauptstadt Scharen von Touristen an. Hinsichtlich der obligatorischen Fastfood- und Souvenirläden unterscheidet sich Budapest wenig von anderen Metropolen, an jeder Ecke befindet sich zudem – nein, kein geschlossener Schlecker – sondern ein dm mit einem großen Sortiment deutsch beschrifteter bio-Produkte. Etwas außerhalb des touristischen mainstreams laden nette Brauhäuser und Cafés zum verweilen ein. Als wir in die Stadt hineinfuhren, mussten wir uns den nicht ganz makellosen Radweg entlang der Donau mir einer gefühlten halben Millionen anderer Radler teilen. Menschen jeden Alters und mit allen Arten von Fahrrädern begegneten uns, lediglich e-Bikes fehlen komplett. Da die Stadt selbst wenig fahrradfreundlich ist, erkundeten wir sie bei herrlichem Sonnenschein zu Fuß. In Budapest finden die weltweit größten critical-mass statt, die haben wir aber leider verpasst.
Nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, lernten wir unsere ersten richtig osteuropäischen Wege kennen, mit Schlaglöchern in die man separat hinein- und hinausfahren konnte. Beim lenken blieb leider auch wenig Zeit die Schönheit des Donaualtarms neben uns zu genießen. Der Rest der Strecke in Ungarn war wenig spektakulär (Feld, Deich, Wald), bis wir in der Nähe von Mohács (die Stadt ist laut Infotafel bekannt für eine verlorene Schlacht) die Grenze Richtung Kroatien überquerten.